Zwischen Traum und Realität
Das grandiose Zusammenspiel zweier Welten
Schon oft behandelten Filme das Thema der Traumkontrolle oder übernatürlicher Fähigkeiten, die das Unmögliche möglich machen. Der Regisseur Christoper Nolan brachte dieses Thema 2010 auf ein ganz neues Level. Mit dem Sci-Fi-Actionthriller Inception brach er nicht nur psychische, sondern auch physikalische Gesetze und schickte die Zuschauer zweieinhalb Stunden lang auf eine Reise zwischen Realität und Traum.
Der Film Inception handelt von dem Meisterdieb und Extraktor Dominick „Dom“ Cobb, gespielt von Leonardo DiCaprio, welcher gegen Bezahlung in die Träume Fremder eindringt, um deren geheimsten Gedanken zu stehlen. Er bekommt den Auftrag, bei dem Konzern-Erben Robert Michael Fisher (Cillian Murphy) eine sogenannte Inception durchzuführen. Er soll in Fishers Traum eindringen, um dort einen Gedanken zu pflanzen, der dem Unternehmen seines Auftraggebers einen Vorteil bringt. Als Belohnung dafür darf Don seine Kinder wiedersehen, die er als gesuchter Dieb in den USA zurücklassen musste. Was zunächst nach übertriebener Spielerei mit CGI-Effekten klingt, stellt sich als ein ausgeklügeltes Meisterwerk heraus.
Damit Don diesen, nicht ganz ungefährlichen, Auftrag sicher durchführen kann, stellt er sich eine Gruppe aus den schlausten Köpfen auf dem Gebiet der Traumkontrolle zusammen. Um solch eine Inception zu bewältigen, braucht er zunächst einen Organisator, der alle Abläufe bis in das kleinste Detail plant und mögliche Risiken einberechnet. Diese Aufgabe überträgt er seinem guten Freund Arthur (Joseph Gordon-Levitt), mit dem er bereits zuvor in die Träume anderer eindrang. Zusätzlich holt er Eames (Tom Hardy) ins Boot, welcher die Rolle des „Fälschers“ übernimmt. Eames ist ebenfalls ein Freund Dons und kann das Aussehen und Verhalten jeder Person täuschend echt nachahmen. Neu in dieser Runde ist die Architektin Ariadne (Ellen Page). Don beauftragt sie für diesen Job, nachdem er sich von ihren Fähigkeiten zur Gestaltung einer Traumwelt überzeugt hat. Das Eintauchen in einen Traum erfordert zudem eine Mischung aus verschiedenen Betäubungsmitteln. Diese können den Zeitpunkt des Aufwachens herauszögern, denn: je tiefer sie in die Traumwelt hinabsteigen, desto instabiler wird das Konstrukt. Dieser Betäubungsmittelcocktail wird von dem Chemiker Yusuf (Dileep Rao) gemischt. Nachdem Don seine Gruppe zusammengestellt hat, geht es an die Planung und Durchführung seines Auftrags. Dieses Vorhaben wird jedoch immer wieder davon gestört, dass Don sich einbildet seine verstorbene Frau Mal (Marion Cotillard) zu sehen, deren Mordes er beschuldigt wird. Die wahre Geschichte der beiden setzt sich jedoch aus einzelnen Teilen zusammen, die nach und nach anhand von Dons Erinnerungen geschildert werden. So hat Don beispielsweise eine Art Fahrstuhl, mit dem er durch Orte und Situationen seiner Erinnerungen „reisen“ kann. Bewundernswert ist dabei, wie DiCaprio es trotz seiner Rolle als Meisterdieb und Betrüger schafft, das Mitgefühl der Zuschauer zu gewinnen. Man kann sich mit ihm identifizieren und baut eine Sympathie zu seiner Rolle auf. Seine kurzzeitigen Wutausbrüche runden diesen Wirrwarr der Gefühle seiner Person ab.
Genau diese Schauspielkunst lässt DiCaprios Fans rätseln, wieso seine Rollen seit der ersten Nominierung 1994, nie mit einem Oscar ausgezeichnet wurden. Den weltweiten Durchbruch erlangte er 1997 durch die Verfilmung des Schiffsunglücks Titanic. Schon hier überzeugte er mit grandioser Schauspielerei. Der Stil seiner Rollen ist meist skrupellos und oft verkörpert er verwirrte oder ambivalente Charaktere. Nach Titanic folgten mehrere Kinohits wie „Catch me if you can“, „Shutter Island“ oder „Wolf of Wallstreet“, bei dem er sogar in der Regie mitwirkte. Für mehr als eine Nominierung bei den Oscars reichte es mit diesen Filmen jedoch nie. Bis er 2017 mit dem Historienthriller „The Revenant“ ein weiteren Hit landete. Ausgezeichnet wurde dieser dann auch mit dem lang ersehnten Oscar für DiCaprio.
Inception hält darüber hinaus einiges Wissenswertes zum Thema Träumen bereit. Im Verlauf des Filmes erklärt Don den anderen immer wieder, welche Merkmale einen erkennen lassen, dass man sich in einem Traum befindet. Er sagt unter anderem, dass man erst bemerkt zu träumen, wenn man sich fragt wie man an diesen Ort gelangt ist. Denn in einem Traum fängt eine Situation meist mittendrin und ohne erkennbare Zusammenhänge an. Auch die Dinge die passieren erscheinen einem im Traum als vollkommen normal, was Don demonstriert, indem er die Umgebung um sie herum zum Explodieren bringt. Die Verschiebung von Raum und Zeit ist in der Traumwelt vollkommene Normalität. In einer Übung der Architektin Ariadne wird beispielsweise eine komplette Straße auf den Kopf gespiegelt oder endlose Wege und Treppen gebildet und zwar nur mit der Kraft ihrer Gedanken. Ein weiteres Highlight von Inception: viele gefährliche Actionszenen, die beim Angucken nach reinsten CGI-Effekten aussehen, wurden tatsächlich so gedreht. Nolan wollte die Nachbearbeitung der Szenen so gering wie möglich halten und zog es daher vor, an Originalplätzen zu drehen. So wurde für eine der Anfangsszenen ein ganzer Raum mit Wasser geflutet, noch während DiCaprio drinstand. Zudem wurde eigens für Inception eine voll drehbare Nachbildung eines Hotelflurs angefertigt, um die Szenen in der Schwerelosigkeit realistisch darzustellen. Solche beeindruckenden, aufwendig gedrehten Szenen ließen auch das Budget auf rund 180 Millionen US-Dollar anschwellen.
Der Film ist ein verzwicktes Konstrukt aus Traum und Wirklichkeit und gerade deshalb so grandios. Nolan kam die Idee für das Drehbuch nach eigenen Angaben schon vor zehn Jahren, aber erst nachdem er sich als Regisseur einen Namen gemacht hatte, konnte er diese auch umsetzen. Mit Filmen wie „Memento“ oder „Insomnia“ machte er erstmals auf sich und seine Vorliebe für die Grenzenlosigkeit des Verstandes aufmerksam. Nach mehreren „Batman“ Streifen war Nolans Talent dann endgültig bewiesen. Verständlich also, dass der Film Inception trotz dieses Riesenbudgets umgesetzt werden durfte. Es wurden keine Kosten gescheut, die Dreharbeiten in sechs Ländern auf vier verschiedenen Kontinenten zu verwirklichen. Genauso wenig gespart wurde auch an der Besetzung, denn Nolan wollte für sein faszinierendes Vorhaben ebenso faszinierende Darsteller. Mit einigen von ihnen arbeitete er bereits zusammen, andere hatten das erste Mal das Vergnügen mit Nolan. Sogar sein Sohn Magnus Nolan bekam eine Rolle und verkörperte Don Cobbs Sohn James. Doch egal ob DiCaprio, Murphy oder Cottilard, die Besetzung passt in jeder Rolle wie die Faust aufs Auge.
Das enorme Budget für Darsteller und aufwendige Dreharbeiten machten sich jedoch schnell bezahlt. Knapp 830 Millionen US-Dollar spielte der Film bis heute ein und steht auf Platz 80 der kommerziell erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Mit vier Oscars, vier Nominierungen für den Grammy Award und diversen anderen Auszeichnungen wurde die Produktion belohnt und bekam von Kritikern eine ausgezeichnete Bewertung.
Um den Film nachvollziehen zu können, muss man sich voll und ganz auf das Genre und die Geschichte einlassen. Nicht oft kann man von einem Film behaupten: je öfter man ihn sieht, desto besser wird er. Auf Inception trifft dies jedoch voll und ganz zu. Selbst nach mehrmaligem Anschauen entdeckt man immer wieder neue Zusammenhänge und die Story wird einem dabei immer klarer. Der Film fordert die Zuschauer intellektuell und emotional heraus. Genau diese Eigenschaft macht Inception zu einem Must-See.